The Complete Computer Fireworks Celebration KitDurchgeknallter Pyromanevon Tim Schürmann (mit Dank an Georg Fuchs und Arndt Dettke) |
Zu Beginn eines jeden Jahres verwandeln sich brave Bürger in kleine Sprengmeister. Böller, Sprühregen und Raketen wollen gezündet und in den dunklen Neujahrshimmel gejagt werden. Im Gegensatz zu seinen professionellen Kollegen steht dem Privatmann jedoch nur eine eher bescheidene Palette an Feuerwerkskörpern zur Auswahl. Riesige Palmen im Zweiminutentakt sind mit der billigen Kaufhausware nun einmal nicht drin. Außerdem wäre es doch schön, wenn man auch mal mitten im Jahr zu Geburtstagsfeiern oder Schulabschlüssen ballern dürfte.
Einen Ausweg bot 1985 der Spielehersteller Activision mit seinem "The Complete Computer Fireworks Celebration Kit", das fälschlicherweise auch häufig als "Fireworks Construction Kit" durch Presse und Internet geistert. Mit seiner Hilfe bastelten Commodore-64-Besitzer ihr ganz persönliches, wenn auch leider nur virtuelles Feuerwerk. Die abgedrehte Mischung aus Spiel und ernsthafter Anwendung stammte vom Spieledesigner und Programmierer John Van Ryzin. Neben dem "Fireworks Celebration Kit" zeichnete er auch für das beliebte "H.E.R.O." verantwortlich. Seine übrigen Kreationen wie etwa "A Day at the Races", "Draw Poker" oder "F-18 Hornet" versanken allerdings genau so schnell und glücklos wieder in der Versenkung, wie der Baukasten für angehende Pyrotechniker.
Nach dem Start des Baukastens erscheint zunächst eine kleine Demonstration des Machbaren: Vor einer mehr oder weniger hübschen Skyline steht eine große Leuchttafel, auf der unübersehbar Grußbotschaften dem Betrachter entgegen blinken. Den von Sternen befreiten Nachthimmel durchzucken Lichtblitze, Konfettiregen und kleinere Sprühfontänen. Die Veranstaltung untermalen bekannte, aber recht monoton vor sich hin dudelnde Musikstücke. Nach einer kurzen Zeit schwenkt die Szenerie nach oben, wo Raketen ihre riesigen Leuchtspuren am Firmament hinterlassen.
Für die passende musikalische Untermalung sorgt eine Auswahl aus 20 bekannten Melodien. Die Themenpalette deckt alle möglichen und unmöglichen Anlässe ab: Angefangen bei "Happy Birthday" über "We wish you a merry Christmas" bis hin zum "Sabre Dance" oder der "William Tell Overture". Wem diese Stücke aus der Feder von Stephen Gaboury nicht gefallen, bindet kurzerhand seine eigenen ein - vorausgesetzt die Eigenkomposition wurde mit dem "Musik Studio" erstellt, selbstverständlich ebenfalls ein Programm aus dem Hause Activision.
Bei den Hintergrundbildern bleibt man leider auf die sechs mitgelieferten beschränkt. Zur Auswahl stehen ein Schloss, ein Freizeitpark mit Riesenrad und Achterbahn, ein normaler Park, ein Schiff der amerikanischen Marine, eine Brücke und die Skyline einer Stadt. Im Vordergrund eines jeden Szenarios steht unverrückbar eine überdimensionale Anzeigentafel. Deren Texte darf man selbst vorgeben und so unterschwellig Glückwünsche, eine Einladung oder ähnliche Botschaften verbreiten.
Wie Abbildung 2 beweist, lehnt sich die Oberfläche stark an "Gerry Kitchens GameMaker" an. Dies kommt nicht ganz von ungefähr, schließlich war John Van Ryzin an der Entwicklung des populären Spielebaukastens beteiligt. Trotz der Ähnlichkeiten bleibt die Bedienung arg gewöhnungsbedürftig. So steuert man den Mauszeiger mit dem Joystick recht unkontrolliert springend durch mehrere Ober- und Untermenüs, die ihre wahre Funktion teilweise nur hinter nichtssagenden Buchstaben verstecken. Mit einer Bewegung des Knüppels bricht man zudem einen versehentlich ausgelösten Vorgang wieder ab. Immerhin erscheint am unteren Bildrand ab und an ein kleiner Hilfetext.
Geführter Rundgang |
Als Ausgangspunkt des eigenen Feuerwerks sollte man eines der mitgelieferten
Beispiele wählen. Dazu klickt man mit der Hand auf
"Load" und wählt, je nach vorliegendem Anlass, eine der präsentierten
Choreographien. Die Weihnachts- und Silvestergrüße verstecken
sich unter "HOLIDAYS", die Einladungen hinter "Invite" und am Tag der Deutschen
Einheit könnte man den amerikanischen 4. Juli
"missbrauchen".
Zweimal auf den Feuerknopf und der Ablauf des Feuerwerks erscheint als Liste auf der rechten Seite. Bevor man diesen nun den eigenen Vorstellungen anpasst, wählt man zunächst den Menüpunkt "Scene" und sucht ein passendes Hintergrundbild aus. Das gleiche erledigt ein Klick auf "Songs" für die musikalische Untermalung. In den angebotenen Dateien stecken immer mehrere Lieder zu einem bestimmten Thema. Alternativ importiert man über "Studio" eigene Kompositionen aus dem "Musik Studio". Welches Stück wann abgespielt wird, entscheidet gleich der Ablaufplan. In diesem stehen von oben nach unten alle Ereignisse, die das Fireworks Celebration Kit nacheinander abarbeitet. Aufgrund der beengten Platzverhältnisse erscheinen immer nur genau drei Ereignisse auf einmal. Die kleinen Symbole weisen auf die Art des jeweiligen Ereignisses hin, eine Note beginnt oder ändert beispielsweise den aktuellen Musiktitel. Sobald man den Joystick einmal nach rechts bewegt, landet man zunächst auf einer Buchstabenreihe. Hinter jedem dieser Buchstaben verbirgt sich ein Befehl, der das Ereignis rechts daneben verändert. Das "R" entfernt es aus der Liste ("Remove"), das "I" fügt an dieser Stelle ein zusätzliches Ereignis ein ("Insert") und "C" ändert die Art des Ereignisses ("Change"). Eine weitere Rechtsbewegung mit dem Joystick und die Hand landet in der Liste. Dort darf man nun die Parameter des Feuerwerkskörpers, wie beispielsweise das Aussehen oder seine Anzeigedauer verändern. Letztere regelt ein gelber Balken: Je weiter er nach rechts ausschlägt, desto länger dauert das Ereignis. Sobald der Mauszeiger an den oberen oder unteren Rand des Ablaufplans stößt, scrollt die Liste weiter. Als Orientierungshilfe wurden alle Ereignisse durchnummeriert. Die entsprechende Ziffer steht immer unterhalb der Symbole. Um nun beispielsweise eine neue Rakete einzufügen, steuert man mit dem Mauszeiger auf eines der "I" und drückt den Feuerknopf. Am oberen Rand blinkt nun "INSERT" auf. An dieser Stelle bleibt noch einmal die Chance, den Vorgang abzubrechen. Andernfalls fügt das Celebration Kit ein neues Ereignis an der aktuellen Stelle ein. Wie das kleine Symbol des Neulings verrät, stoppt es die gesamte Veranstaltung - sicherlich nicht das gewünschte Verhalten. Um dies zu ändern, klickt man auf das nebenstehende "C". Mit einem Druck auf den Feuerknopf schaltet man die verfügbaren Feuerwerkskörper durch. Die Raketen erkennt man an der von gelben Punkten umrahmten Nummer. Hat man die passende gefunden, zieht man den Joystick nach rechts und schraubt an den vorhandenen Einstellungen. Die Vorschau wirft der Punkt "Play" im Hauptmenü an. Das darunter liegende "From" liefert ebenfalls eine Vorschau, startet aber bei einer anzugebenden Position im Ablaufplan. Möchte man das Feuerwerk als selbstablaufende Videogrußkarte weitergeben, legt man zunächst eine leere Diskette ein und wählt im Hauptmenü "Create". Das Celebration Kit möchte jetzt noch den Namen des Hobby-Pyrotechnikers wissen. Er erscheint später direkt nach dem Start an prominenter Stelle. Ein weiterer Druck auf den Feuerknopf erzeugt eine nicht gerade kleine Programmdatei, die man beispielsweise per E-Mail an alle Empfänger weiterleitet. |
Gestaltungstipps |
|
Copyright (C) 2007 Tim Schürmann
Dieser Artikel wird unter der GNU Free Documentation License,
http://www.gnu.org/licenses/fdl.html,
veröffentlicht und kann frei kopiert werden, solange die Nennung des Autors und
der Internetquelle (
http://www.tim-schuermann.de
) erhalten bleibt.